Gott ist ein Gott von Lebenden.
„Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht. Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt und ihn erfahren alle, die ihm angehören.
Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand und keine Qual kann sie berühren.
In den Augen der Toren sind sie gestorben, ihr Heimgang gilt als Unglück, ihr Scheiden von uns als Vernichtung; sie aber sind in Frieden. In den Augen der Menschen wurden sie gestraft; doch ihre Hoffnung ist voll Unsterblichkeit.
Ein wenig nur werden sie gezüchtigt; doch sie empfangen große Wohltat. Denn Gott hat sie geprüft und fand sie seiner würdig. Wie Gold im Schmelzofen hat er sie erprobt und sie angenommen als ein vollgültiges Opfer.
Beim Endgericht werden sie aufleuchten wie Funken, die durch ein Stoppelfeld sprühen. Sie werden Völker richten und über Nationen herrschen und der Herr wird ihr König sein in Ewigkeit.
Alle, die auf ihn vertrauen, werden die Wahrheit erkennen und die Treuen werden bei ihm bleiben in Liebe. Denn Gnade und Erbarmen wird seinen Erwählten zuteil“ (Weisheit 2,23 – 3,9).
Kommentar dazu: Was für eine Aussage: Der Mensch ist zur Unvergänglichkeit erschaffen und er ist Bild des Wesens Gottes. Von Anbeginn der Schöpfung an war dies das Wesen des Menschen. Und erst später kam der Tod in die Welt. Aber auch dieser kann dem gerechten Menschen nichts anhaben. In diesem Kontext ist wohl der Gerechte der, der nicht dem Bösen verfällt, der sich nicht vom »Teufel« verführen lässt. Wer sich klar auf die Seite Gottes stellt und guten Willens ist, darf sich in Gottes Hand wissen. Darauf darf ich heute vertrauen, dass ich an diesem Tag mit all seinen Herausforderungen, mit allen notwendigen Entscheidungen – die manchmal eben nicht nur ganz gut oder nur ganz schlecht sind, sondern eben auch manchmal Kompromisse – mit meinem guten Willen von Gott gehalten und getragen bin. Und zur Unsterblichkeit erschaffen.
Hl. Franz von Sales (1567-1622)
Bischof von Genf und Kirchenlehrer
Predigt für den 4. Adventssonntag
Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!
Als das Volk Israel von den Heiden in die Knechtschaft geführt und gefangen unter die Perser und Meder geschickt wurde, entschied sich der wohlgesonnene König Kyrus, sie nach einer langen Gefangenschaft aus dieser Knechtschaft auszulösen und in das gelobte Land zurückzuführen. Mit göttlicher Poesie stimmte der Prophet Jesaja diese schönen Worte an: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet Jerusalem zu Herzen […], dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist […].“ Und deshalb sagte dieser große Prophet dem Volk Israel, es soll „einen Weg durch die Wüste bahnen und eine ebene Straße bauen“ (vgl. Jes 40,1ff.).
Warum jedoch sagt Gott, dass er dem Volk Israel seine Schuld vergeben wird, da es auf dem Höhepunkt seiner Schlechtigkeit angekommen ist? Die alten Väter lehren, dass diese Worte so verstanden werden können, wie wenn Gott sagte: „Wenn sie am meisten bedrängt werden und das Joch ihrer Schuld in dieser Gefangenschaft und dieser Knechtschaft lebhaft spüren, und nachdem ich sie für ihre Bosheit gestraft habe […], habe ich auf sie geblickt und hatte Mitleid mit ihnen. Angekommen am tiefsten Punkt ihres Leids, habe ich mich begnügt mit dem, was sie gelitten haben; und deshalb wird ihre Schuld von nun an vergeben sein […] Wenn sie auf dem Höhepunkt ihrer […] Undankbarkeit angelangt sind, wenn sie keine Erinnerung mehr an Gott und seine Güte zu haben scheinen, dann wird ihnen ihre Schuld vergeben“ […] Als die Göttliche Vorsehung den Menschen ihre Güte zeigen wollte, war das eine wunderbare Sache, denn Gott wollte, dass kein Beweggrund ihn dazu anstoßen sollte. Von nichts anderem gedrängt als von seiner Güte allein, hat er sich ihnen auf eine Art und Weise mitgeteilt, die ganz und gar wunderbar ist.
Als er in diese Welt kam, war das die Zeit, da die Menschen auf dem Höhepunkt ihrer Bosheit angelangt waren; als das Gesetz in den Händen von Hannas und Kajaphas lag […], als Herodes herrschte und Pontius Pilatus in Judäa an der Macht war, zu dieser Zeit also ist Gott in die Welt gekommen, um uns loszukaufen und uns zu befreien von der Herrschaft der Sünde und aus der Knechtschaft unseres Feindes.
Jesu selbst spricht schon vom Heilsplan. In einer Auseinandersetzung mit den Sadduzäern, die die Auferstehung leugnen, heist es:
„Da sagte Jesus zu ihnen: Nur in dieser Welt heiraten die Menschen. Die aber, die Gott für würdig hält, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, werden dann nicht mehr heiraten. Sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind.
Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt. Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig (Lukas 20,34-39).“
Der apostel Petrus bestätigt den Heilsplan Gottes:
Welche Freude hat Petrus den anderen bereitet, als er dem Herrn ohne zu zögern antwortete und das betretene Schweigen der Jünger brach! […] Allein Petrus hat diese Worte gesprochen: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Mt 16,16). Er sprach im Namen aller; in einem Satz tat er den Erlöser und seinen Heilsplan kund. Wie gut stimmt dieses Bekenntnis mit dem des Andreas überein! Die Worte, die Andreas zu Petrus gesprochen hatte, als er ihn zu Christus führte – „Wir haben den Messias gefunden“ – bestätigt der himmlische Vater, als er selbst sie so dem Petrus eingibt (Mt 16,17): „Du bist der Messias – der Christus – der Sohn des lebendigen Gottes.“
(Basileios von Seleukia (?-um 468) Bischof Predigt zu Ehren des hl. Andreas, 4; PG 28,1105)